2.12.11

Schreiben an die Gebühreneinzugszentrale

Ach GEZ,

das ist jetzt schon der zweite Brief. Nein, ich habe noch immer keine Glotze. Hey, schon gut, ich verstehe Euch sogar ein bisschen. Ich zahle sogar einigermaßen gern meine Radiogebühren, weil ich begeistert und fast ausschließlich öffentlich-rechtliche Programme sehe und höre. Wirklich! Ich bin davon überzeugt, dass öffentlicher Rundfunk für den Bildungsstandort Deutschland extrem wichtig ist. Im Auto höre ich nur WDR 5, Deutschlandfunk oder NDR Info, zuhause gibt es per Livestream Tatort oder Dokumentationen von 3sat oder arte via Online-Mediathek. Schön, dass die staatlichen Sender im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen sind. Im Gegensatz zu Euch.
Ihr nervt. Deshalb habe ich in diesen Brief statt des Rückformulars einfach
etwas Kram von meinem Schreibtisch getan: Den Verschluss einer Dose İmam Bayıldı (ein Türkisches Auberginengericht namens „der Imam fiel in Ohnmacht“), fünf Cent und etwas getrockneten Spitzwegerich, das hilft gegen „gegen Katarrhe der Luftwege und entzündliche Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut“ – sagt zumindest Wikipedia. Die kalte Jahreszeit steht schließlich vor der Tür. Einfach in einen Teefilter packen, mit heißem Wasser aufgießen und 20 Minuten ziehen lassen.
„Jemand, der mit solch einer widerwärtigen Penetranz aufwartet, sollte mit solch einem Brief schon zurechtkommen“, sagt eine Freundin, der ich gerade von Eurem Brief erzählt habe. Ich finde, dass sie schon irgendwie Recht hat. Mal ehrlich: euer Gebahren hat dem journalistisch exzellenten öffentlichen Rundfunk einen richtig, richtig miesen Ruf bereitet. Ich bring’s mal auf den Punkt: Ihr Pappnasen seid dadurch mitschuldig an der um sich greifenden Volksverdummung.
Ich habe mir sogar zur Untermauerung den nächstbesten Bildungsfernen geschnappt (das ist in meiner kleinen, lauschigen Universitätsstadt gar nicht so einfach!) und ihn nach seiner Meinung zur Programmvielfalt der Öffentlichen befragt. Seine Antwort: „Öffentlisch-reschtlich? Ey, guck isch eh nisch weil die Ficker so von der GEZ, ne ... das sind doch voll die Nazis. Voll aggro sind die Typen, ey.“ Weil ich zumindest über ein kleines Bisschen Geschichtswissen verfüge, kann ich dieser Aussage nicht vollständig beipflichten. Das ist allerdings kein Grund, Euch zu denken: „Puh, so schlimm sind wir also gar nicht!“
Vielleicht bekommt ihr ja anhand des Poststempels oder meiner DNS heraus, wer ich bin. Ihr dürft dann gerne einen Eurer charismatischen Sturmtrupps Außendienstler vorbeischicken, der sich selbst vom völligen Abhandensein eines Fernsehers in meiner gemütlichen Zehnquadratmeterwohnung überzeugen darf. Ich mache ihm auch gern eine Tasse Spitzwegerichtee, wenn er einen Lungenkatarrh hat. Und wenn er Hunger mitbringt: ich kenne ein exzellentes Rezept für Tomatensauce. Natürlich vegan. Nur einen Stuhl müsste er sich selbst mitbringen.
Apropros: Wusstet Ihr eigentlich, dass man sich via Internet die Zeugen Jehovas ins Haus bestellen kann? Die kommen genau so verlässlich wie Ihr. Sollte also demnächst ein freundlicher Außendienstler bei mir auftauchen, sollte er lieber einen Namen tragen, der sich desöfteren im Telefonbuch findet. „Hans Meier“ oder so.


Liebe Grüße,
Onkel Wombat